Anhand der Fast-Track-Entwicklung und Produktion von mRNA-Impfstoffen gegen SARS-CoV-2 sehen wir die großen gesellschaftlichen und ökonomischen Vorteile einer verbesserten und beschleunigten Translation von exzellenter Forschung und Entwicklung in die medizinische Anwendung. Derartige Erfolge konnten auch in Niedersachsen verzeichnet werden. Dabei belegten diverse von Land, Bund und EU geförderte Corona-Projekte nicht nur die herausragende Forschungsstärke Niedersachsens, sondern auch das Potenzial von gezieltem Fast-Tracking mit Startup-Mindset.

Wirtschaftsminister Dr. Althusmann nannte die Entwicklung eines Antikörpermedikaments gegen das Coronavirus SARS‑CoV‑2 durch das Braunschweiger Biotech-Startup CORAT Therapeutics eine „Niedersächsische Erfolgsgeschichte“. Das Erfolgsrezept dabei lag vor allem in der unkomplizierten und effektiven Zusammenarbeit der beteiligten Forschungseinrichtungen, Zulassungsbehörden und Entscheidungsträger.

Virolog*innen sind sich einig, dass wir zukünftig nicht von weiteren neu auftretenden lebensbedrohlichen Viren verschont bleiben. Wir sehen, dass Epidemie- und Pandemie-Ereignisse in immer schnellerer Folge auftreten. Deshalb möchte Niedersachsen vorausdenken und dabei auf den Erfolgsgeschichten aufbauen. Niedersachsen hat heute bereits weltweit ausgewiesene Fähigkeiten, um pandemischen Bedrohungen effizient zu begegnen. Die im Land vorhandenen Kompetenzen könnten jedoch vor allem im Kontext von Translationsprojekten noch besser genutzt werden, wenn es gelänge, im Bereich der Arzneimittelentwicklung und Pandemiereaktion eine effektivere Vernetzung von niedersächsischen Akteur*innen verschiedenster Disziplinen zu erreichen, um innovative Konzepte in zielgerichtetem Fast-Tracking schneller umsetzen zu können.

Pandemieprävention im Schnellverfahren

Mit der Initiative „Response Against Pandemic Infectious Diseases (RAPID) Niedersachsen“ kann eine Etablierung dieses Fast-Track-Ansatzes gelingen. Erster essenzieller Baustein des Vorhabens ist ein starkes, interdisziplinäres Netzwerk aller regionaler Schlüsselakteur*innen aus Wissenschaft, Wirtschaft, Versorgung und öffentlicher Hand. Ein solches, bereits vor der nächsten Pandemie etabliertes, schlagkräftig organisiertes Netzwerk ermöglicht es, die Translation exzellenter Forschung und Entwicklung, die wir in Niedersachsen besitzen, zu optimieren, um unter anderem Innovationen für die Pandemieprävention/-reaktion und Arzneimittelentwicklung allgemein zu schaffen. Zahlreiche Erfahrungen aus der Corona-Pandemie wie auch aus vielen Jahren der Translation im Life Science Bereich verdeutlichten, dass vor allem in den nicht-wissenschaftlichen Begleitprozessen ein deutlicher Optimierungsbedarf und Möglichkeiten zur Beschleunigung bestehen. Die Verbesserung dieser Rahmenbedingungen und Beseitigung nicht-wissenschaftlicher organisatorischer Engpässe sind Ziel von RAPID Niedersachsen.

Als verlangsamende Elemente in der Arzneimittelentwicklung während einer Pandemie wurden vor allem Tierversuchs- und Ethikanträge, juristische Formalitäten wie Material Transfer Agreements (MTA) und Geheimhaltungsabkommen, Lizenzierungen, Wissenschaftskommunikation und die langsame Gewährung von Forschungsmitteln identifiziert. Ein koordiniertes Zusammenspiel und das Commitment aller relevanten Stakeholder aus Niedersachsen würden es ermöglichen, bisher hinderliche langwierige Genehmigungsverfahren für prä-klinische Studien bereits vor der nächsten Krise zu optimieren. Vordefinierte Prozesse zum schnellen und erleichterten Material- und Datentransfer zwischen den Beteiligten können in Ruhe ausgehandelt und etabliert werden. Im Katastrophenfall absehbar benötigte Finanzierungsoptionen könnten im Vorfeld ausgearbeitet und präpariert werden, bevor uns der nächste Pandemievirus heimsucht. Alle diese Maßnahmen können buchstäblich Menschenleben retten.

Zusätzlich werden die innerhalb von RAPID Niedersachsen erarbeiteten Lösungen innovative Prozesse und Verfahren auch außerhalb der Pandemieabwehr und Arzneimittelentwicklung beschleunigen sowie vereinfachen und damit die Innovationskraft des Landes stärken. Niedersächsische Institutionen, Unternehmen und insbesondere Startups aus den Lebenswissenschaften werden direkt davon profitieren. Über die Grenzen von Niedersachsen hinaus wird die Initiative zudem mit für die Pandemieprävention relevanten Institutionen und Initiativen zusammenarbeiten und somit auch (inter-)nationale Beziehungen stärken. Es kann ebenso als Vorlage für die Verbesserung nationaler und internationaler Mechanismen der Pandemie-Reaktion dienen.

Save the Dates

Um die Wissenschaftskommunikation zu optimieren und für die Notwendigkeit von Pandemieprävention zu sensibilisieren, arbeitet RAPID Niedersachsen bereits mit den Pandemiepräventionskampagnen (PaPräKa) der Metropolregion Hannover Braunschweig Göttingen Wolfsburg GmbH zusammen. Ziel von PaPräKa ist es, niedersächsische Initiativen der Pandemieprävention in ihrem Aufbau zu unterstützen und die Vernetzung relevanter Stakeholder anzuregen. Zum Thema RAPID Niedersachsen wird deshalb am 17.5.2022 ein Workshop veranstaltet, um gemeinsam mit Experten*innen aus Wissenschaft, Wirtschaft und Technologietransfer über eine Roadmap für die bessere Vorbereitung und Reaktion auf künftige pandemische Bedrohungen zu diskutieren.

Die Virologin Frau Prof. Dr. Melanie Brinkmann, die in RAPID Niedersachsen Ihre Expertise als Mitglied des Corona-Expert*innenrates von Land und Bundesregierung einbringt, fasst zusammen, um was es geht: „Die COVID-19 Pandemie ist noch nicht vorbei und wird durch die zunehmende Globalisierung auch nicht die letzte Pandemie sein. Darauf müssen wir uns schon heute vorbereiten, damit Krankheit und Tod effizient verhindert werden können. Deshalb unterstütze ich die Initiative RAPID Niedersachsen“.

Hintergrund

RAPID Niedersachsen ist eine Initiative des Life Science-Startup-Boards Niedersachsen unter der Leitung der Staatssekretariate im Ministerium für Wissenschaft und Kultur und im Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung mit Beteiligung führender Life Science-Startup Gründungspersönlichkeiten aus der Wissenschaft in Niedersachsen. Gestartet wurde die Initiative im Rahmen der Startup-Strategie für Niedersachsen mit Mitteln des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung. Federführend wird diese Initiative im Innovationszentrum Niedersachsen (Bereich startup.niedersachsen und Life Sciences mit BioRegioN) projektiert.

Weitere Informationen zu RAPID Niedersachsen findet ihr unter startup.nds.de/rapid. Bei jeglichen Fragen oder Interesse an einer Beteiligung zögert bitte nicht, den Netzwerkkoordinator Allan Koch unter a.koch@nds.de zu kontaktieren.