Gründungsaktivitäten und unternehmerische Initiative bereits in der Schule zu lernen, das soll unter anderem durch den Schulwettbewerb DigitalSTARTer gefördert werden, einem Gründungswettbewerb für Schüler*innen der Klassenstufen 8 bis 13 in Niedersachsen von startup.niedersachsen. Dafür setzt sich auch Jacob Nolte ein. Er ist Lehrer am Gymnasium am Silberkamp in Peine. Das Gymnasium und er fördern durch diverse Wirtschaftsprojekte, wie dem DigitalSTARTer und dem Juniorprojekt, die Entstehung von Unternehmergeist bei den Schüler*innen. Und der Erfolg gibt ihnen recht: Wiederholt wurden Schüler*innen des Gymnasiums ausgezeichnet jüngst 2021 als beste Juniorfirma bundesweit.

Auch hosteten Jacob Nolte und seine Schüler*innen im vergangenen Jahr die Kick-off-Veranstaltung vom DigitalSTARTer in ihrer Schule und setzten das rein digitale Format als Livestream um. Wir sprachen mit Herrn Nolte über seine Zeit als Schüler, als Wirtschaftspate und später als Lehrer und Schulpate der Wirtschaftsprojekte des Gymnasiums am Silberkamp, im Hinblick auf den Stellenwert von Entrepreneurship Education in Theorie und Praxis.

Sie unterstützen Schüler*innen bei der Gründung von Schüler*innenfirmen. Was ist Ihre persönliche Motivation dabei? 

Jacob Nolte: Viele Wirtschaftsprojekte und Wettbewerbe wie der DigitalSTARTer zielen auf vielfältige Art und Weise auf die theoretische Auseinandersetzung mit dem Thema Wirtschaft. Wir setzen zudem auf das Praxiserlebnis, indem wir Schüler*innen ein Jahr lang praktisch und handfest ein Unternehmen betreiben lassen. Aus Schüler*innensicht ist das ein hoch spannender Prozess, verbunden mit einer Reise zu sich selbst. 2007/2008 war ich selbst Juniorteilnehmer und Schüler des Gymnasiums am Silberkamp. Ich lernte dabei, wirtschaftlich kreativer zu werden und vieles mehr.  

Aus Lehrersicht vermittele ich, wie es ist, ein Unternehmen zu führen. Schüler*innen lernen in der Rolle der Unternehmer*in respektvoll Anweisungen zu geben, ohne zu vergessen, Mitschüler*in zu sein. Es ist gar nicht so einfach, Gleichaltrige zu führen. Als Lehrer nehme ich dabei die beratende Rolle ein und gehe raus aus der unterrichtenden Rolle mit „Chefposition“.

Das bedeutet, die Juniorunternehmen nehmen nicht alles an, was Sie raten? 

Jacob Nolte: Genau, ich werde auch mal überstimmt für Vorschläge. Entscheidungen zu treffen, ist die Rolle der Schüler*innen und das tun sie auch.

Was war das Thema Ihres Juniorprojektes als Schüler? 

Jacob Nolte: Wir stellten kreative Druckmittel her. Unser Slogan lautete: Wir drucken alles außer Geld. Meine wichtigste Erfahrung dabei war, meine eigenen Stärken zu entdecken und gewinnbringend einzusetzen, wie mein technisches Know-how im IT-Bereich. Ich wuchs über mich hinaus durch Präsentationen, nicht nur vor Eltern und Lehrenden, sondern auch vor Aktionären, bekannten Persönlichkeiten wie dem Bürgermeister und später einer Jury bei den Wettbewerben. Den Höhepunkt bildete dann 2008 die Auszeichnung als beste Juniorfirma Niedersachsens ein großartiges Erlebnis! Es ist unglaublich toll, diesen Teamgeist untereinander zu erleben, der durch die Wettbewerbsteilnahmen noch gestärkt wird. Gemeinsam Herausforderungen zu meistern, sich durchzusetzen, ja, ich erlebte in der Oberstufe (12. Klasse) ein sehr erfolgreiches, aufregendes Jahr.

Was hat Sie als Schüler zur Gründung bewegt?

Jacob Nolte: Meine Neugierde, ich wollte selbst erfahren, womit man Geld machen kann und wie es sich anfühlt, als Schüler ein Unternehmen zu führen.

Was haben Sie durchs Gründen gelernt, das Sie in der Schule nicht gelernt haben?

Jacob Nolte: Ich habe eine andere Art von Teamverständnis und eine neue Form der Zusammenarbeit erfahren. Auch, wie es sich anfühlt, unter Zeitdruck zu arbeiten und Entscheidungen zu treffen. Interessant war auch zu spüren, was ich im Stande bin zu leisten, meine eigenen Stärken zu erleben und Selbstvertrauen zu gewinnen. Außerdem hat es meinen Zukunftswunsch, Lehrer zu werden, gefestigt. Damit verbunden ist, überzeugend vor anderen zu sprechen und begeistert eigenes Wissen und Erfahrungen zu vermitteln. Unternehmer*innen und Lehrer*innen sind sich ähnlich beide vermitteln ansteckende Begeisterung, wenn sie ihren Job gut machen.

Wo sehen Sie Vorteile, wenn man schon als Schüler*in gründet?

Jacob Nolte: Ein Vorteil ist, dass man viel über sich selbst lernt. Man lernt früh wirtschaftliche Zusammenhänge und Abläufe kennen, überwindet sich selbst und lernt zu verkaufen. Ich erlebe immer wieder, dass das eine der größten Herausforderungen für Schüler*innen ist, fremde Personen anzurufen und für die eigene Sache einzutreten. Das ist zunächst ungewohnt und kostet Überwindung, ist aber ganz wesentlich. Damit früh anzufangen, bringt die Schüler*innen weiter. Sich beweisen zu müssen, pünktlich zu liefern, Dinge zu erledigen, verlässlich zu sein, Challenges zu bestehen, sind weitere Lernerfolge und Vorteile.

Wie hat der Perspektivwechsel vom Schüler zum Lehrer Ihre Haltung gegenüber Lehrer*innen und Bildungssystem verändert?

Jacob Nolte: Den Mut zu gründen, dafür legen wir den Grundstein. Als Lehrer habe ich mit Blick auf die Schüler*innen gelernt, welches unglaubliche Potenzial in ihnen steckt, auch über meine Fachperspektive hinaus gesehen. In der Juniorfirma zeigt sich, wie sehr sie für eine Idee brennen. Als Lehrer nehme ich sie dadurch anders, also viel umfassender wahr. Es ist eine tolle Erfahrung, über den Fachtellerrand hinauszublicken.  

Für das Bildungssystem ist die Vermittlung von Fachkompetenz wichtig mit Blick aufs Abitur. Um das Abitur zu schaffen, muss man als Schüler*in schon einiges auf dem Kasten haben. Es ist aber genauso wichtig, frühzeitig Möglichkeiten zu bieten, sich auf anderen Gebieten, wie der Führung einer Firma, zu beweisen. Auch das muss Schule leisten: praxisnahe Vermittlung eines Perspektivwechsels. Unsere Schule, das Gymnasium am Silberkamp, blickt hier auf eine lange Historie bei den Wirtschaftsprojekten zurück – das macht uns zum Magnet, viele unserer Schüler*innen haben bereits von den Projekten erfahren und sind neugierig. Immer wieder eine neue Geschäftsidee umzusetzen und erfolgreich zu vermarkten, ist aber auch herausfordernd.

Fühlen Sie sich als Lehrer wertgeschätzt? Wie würden Sie gerne gesehen werden?

Jacob Nolte: Die Wertschätzung für Lehrer*innen ist häufig spärlich und passiert im täglichen Geschäft wenig. Als Lehrer für Deutsch und Politikwissenschaft ziehe ich meine Bestätigung eher indirekt daraus, wenn Schüler*innen erfolgreich sind. Das ist Bestätigung und Genugtuung zugleich und ich nehme es positiv mit. Gleiches gilt natürlich für die erfolgreiche Umsetzung eines unserer Wirtschaftsprojekte.

Porträt von Herrn Jacob Nolte in schwarz-weiß.

Sie unterrichten heute an der Schule, an der Sie auch schon Schüler waren. Was hat Sie bewegt zurückzukehren?

Jacob Nolte: Ich war nie richtig weg von meiner Schule, sondern immer dabei. Ich bin 2010 zurückgekehrt als Mitarbeiter parallel zum Studium und habe maßgeblich die IT Infrastruktur des Gymnasiums aufgebaut. Ein Riesenglück, denn wir sind als digitale Schule heute landesweit anerkannt. Als Wirtschaftspate wurde ich zudem immer angefragt und engagierte mich durchgehend bei unseren Wirtschaftsprojekten. Ich bin meiner Schule sozusagen treu geblieben. Schulbetrieb, Kollegium, Schüler*innen sind mir regelrecht ans Herz gewachsen. Mit unseren Wirtschaftsprojekten zeigen wir, wie sehr die Schule lebt und der Teamgeist funktioniert. Alle ackern mit, bis die Sache fertig steht.

Apropos ackern – die Mühe lohnt sich und gewinnt Preise

Jacob Nolte: Ja stimmt, ein wichtiger Aspekt. Im vergangenen Jahr sind wir mit Townaroundbestes Juniorprojekt Niedersachsens und Deutschlands geworden. Ich war Schulpate, gemeinsam mit meiner damaligen Lehrerin Silke Kortemme, die mich 2007 als Teilnehmer des Juniorprojekts begleitet hat. Townaround hat den Einzelhandel in Peine in 360 Grad abgebildet, um mehr Leben in die Innenstadt zu bekommen. In diesem Jahr gehen die Schüler*innen mit CultActive an den Start. Das Ziel ist die Förderung des Kultur- und Freizeitprogramms. Aktuell drehen wir gerade ein aussagekräftiges Video für den digitalen Landeswettbewerb. Eine Jury aus Personalchefs diverser Unternehmen entscheidet, wer gewinnt.

Warum denken Sie das Entrepreneurship wichtig ist?

Jacob Nolte: Es ist wichtig, Schüler*innen frühzeitig heranzuführen, Gründer*innen zu sein, indem sie erfahren, wie es ist, im Wettbewerb zu stehen und wie viel sie damit erreichen können. Das zu erleben, diesen Schritt zu wagen und dafür belohnt zu werden, ist entscheidend. Gesellschaftlich gesehen leben wir vom Mittelstand. Das bedeutet, es braucht immer mutige Menschen, die ein Unternehmen gründen und damit den Mittelstand weiterentwickeln. Der herkömmliche Weg der Abiturienten ist meist der des Studiums oder des dualen Studiengangs in großen Unternehmen. Nicht jeder ist jedoch für eine langatmige Karriere in einem Konzern geeignet. Keiner wirbt intensiv für Selbstständigkeit, wir jedoch schon, denn es ist dringend nötig, eigene Ideen umzusetzen für eine eigene Zukunft und für unser Land.

Welchen Tipp geben Sie Startups, die sich gerade gründen?

Jacob Nolte: Glaubt an euch und eure Ideen! Arbeitet hart, sie zu verwirklichen und am Markt bekannt zu werden. Macht euch klar, dass so viel Bedarf besteht, sodass der Markt an Ideen nie ausstirbt. Traut euch, geht in die Selbstständigkeit und werdet Unternehmer*in. Vieles ergibt sich nach dem ersten Schritt.

Hintergrund

Mit dem Wettbewerb DigitalSTARTer sollen Schüler*innen an weiterführenden Schulen der Klassenstufen 8 bis 13 auf die Herausforderungen der zukünftigen Berufswelt vorbereitet werden. Das Interview mit Jacob Nolte unterstreicht aus Lehrer*innen- wie Schüler*innensicht, wie wichtig die Nachwuchsförderung an Schulen in Niedersachsen ist und wie erfolgreich sie umgesetzt werden kann. DigitalSTARTer ist ein wichtiges Tool – ein spielerischer Ansatz –  dafür. Der Wettbewerb 2022 läuft gerade. Ansprechpartner ist Samir Roshandel, Themenmanager Entrepreneurship Education bei startup.niedersachsen.

(Bilder: Gymnasium am Silberkamp)