Mit dem One Health-Hackathon ist kürzlich die Challenge One Health 2021 zu Ende gegangen. Zum großen Finale rauchten noch einmal die Köpfe: Mehr als 120 Teilnehmende hatten sich am Wochenende online zusammengefunden, um innovative Lösungsansätze zum Thema One Health zu entwickeln. Am Ende des intensiven, 48-stündigen Hackathons gewann eine Idee, die sich mit dem verbesserten Austausch von Gesundheitsdaten beschäftigt. Auch ein „Wagnispreis“ wurde verliehen.

„Wir haben eine echte Chance, dem Coronajahr mit kreativen Lösungen entgegenzutreten!“ Mit diesen Worten eröffnete Dr. Benjamin Kowalski vom Netzwerk EIP Agrar und Innovation Niedersachsen den One-Health-Hackathon 2021 und meinte damit die zahlreichen innovativen Ideen, die auf dem Hackathon erarbeitet werden sollten, um in Zukunft beispielsweise besser auf Pandemien vorbereitet zu sein. Mehr als 120 Teilnehmende hatten sich angemeldet und standen in den Startlöchern. Dazu kamen 36 Mentor*innen der Ökosystempartner, die den Teams mit Rat und Tat zur Seite stehen sollten.

One Health: Gesundheit von Mensch, Tier und Umwelt gemeinsam denken

Der One Health-Gedanke ist ebenso ambitioniert wie schnell erklärt: In Zeiten von Globalisierung und Klimawandel muss die Gesundheit von Mensch, Tier und Umwelt gemeinsam betrachtet werden. Einzelkämpfermentalität ist fehl am Platz. Interdisziplinäre Zusammenarbeit ist gefragt. Alle Bereiche müssen ihre Erkenntnisse teilen und miteinander verbinden, um den größtmöglichen Nutzen für eine allumfassende Gesundheit zu erzielen.

Diese Vision sollte durch die Challenge One Health (COH) unter der Federführung des Innovationszentrums Niedersachsen im Frühjahr 2021 mit Substanz gefüllt werden. Den Anfang machte der „Call for Solutions“ Anfang Februar, bei dem Wissenschaftler*innen und Unternehmer*innen aufgerufen waren, innovative Lösungsideen zu diesem Thema zu entwickeln und einzureichen. Kurz darauf folgte der Niedersächsische Life Science Tag, der in diesem Jahr in die COH eingebunden war und bei dem zahlreiche Forschungsansätze und Projekte mit Bezug zu One Health vorgestellt und diskutiert wurden.

Das Finale bildete nun der 48-stündige Hackathon in Zusammenarbeit mit xHack. Neue Ideen sollten im Team entwickelt und weitergedacht sowie sektorenübergreifende Kooperationen angebahnt werden. Als Rahmen wurden vier Challenges vorgegeben:

  • Wie kann das öffentliche Gesundheitswesen in Zukunft auf Pandemien vorbereitet werden?
  • Wie können wir den Einsatz von antimikrobiellen Medikamenten in der Gesundheit von Mensch und Tier optimieren?
  • Wie können wir die Ausbreitung von infektiösen Zoonosen wirksam verhindern?
  • Wie können wir die Lebensmittelsicherheit in einer wachsenden Weltbevölkerung gewährleisten?

48 Stunden kreatives Köpferauchen

Nach der Begrüßung ging es direkt ans Eingemachte. In mehreren Pitches präsentierten die Ideengeber*innen ihre Ideen. Vorgestellt wurden Ansätze zu extensiver Tierhaltung, einem Pandemiewarnsystem, einem besseren Austausch von Gesundheitsdaten, einer App zur transparenten Nachverfolgung von Antibiotikaeinsatz in Fleisch sowie einem „Multi User Dungeon“ für bessere Öffentlichkeitsarbeit in Sachen Pandemievorbeugung.

Anschließend wurde es für 48 Stunden kreativ. Jeder, der wollte, konnte sich ein Projekt aussuchen, sich dem Team anschließen und an der Verfeinerung der Idee mitwirken. Zwei Tage und zwei Nächte lang wurde beraten, diskutiert, geschliffen, formuliert und gestaltet. Neben der praktischen Umsetzung der Idee ging es auch um Themen wie Software oder Businessplan. Die Mentor*innen standen den Teams mit ihrer Expertise zur Seite und gaben Hilfestellung. Für Kommunikation und Austausch in Bild- und Textform standen allen Teilnehmenden eigens erstellte Wonder.me-Räume und Slack-Channels zur Verfügung. Zwischen „Breakfast Networking“, „Morning Yoga Session“ und „Dinner Networking“ wurden vom Veranstalter immer wieder Quality Gates für mögliche Problembehandlung angeboten. Am Sonntagabend wurden vier ausgearbeitete Ideen für den Wettbewerb eingereicht.

Nun lag der Staffelstab bei den Juroren, die aus diesen vier Ideen die besten des Hackathons auswählen sollten. Zu vergeben waren die Podiumsplätze eins bis drei sowie ein Sonderpreis, dazu Preisgelder in Höhe von insgesamt 4500 Euro. Die Jury des One Health-Hackathons 2021 bestand aus Vertreter*innen von Wirtschaft, Wissenschaft, Politik und Förderung. Die eingereichten Ideen wurden anhand von Kriterien wie Innovationsgehalt, Realisierbarkeit, Marktfähigkeit und Software bewertet. Die vergebenen Punkte ergaben schließlich die ersten drei Plätze. Über den Sonderpreis „Wagnispreis“ wurde teils angeregt diskutiert, doch am Ende kam die Jury auch hier zu einem Ergebnis.

Preisverleihung mit Johannsen und Muhle

Großes Finale des Hackathons war die offizielle Preisverleihung am Montagnachmittag. Moderatorin Dr. Maike Rochon von BioRegioN und Moderator Dr. Norbert Gebbe vom Innovationszentrum Niedersachsen zogen ein positives Resümee der gesamten Veranstaltung. „Wir haben den Innovationsturbo eingelegt“, sagte Rochon. „Niedersachsen kann ein Nukleus auf dem Gebiet des One-Health-Ansatzes werden.“

Als Laudator*innen für die Preisverleihung wurden Dr. Sabine Johannsen, Staatssekretärin im Niedersächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kultur, sowie Niedersachsens Digitalisierungsstaatssekretär Stefan Muhle begrüßt.

Platz drei ging an das Team „Extensive Farming Network“ um Ideengeberin Jamila Jaxaliyeva. Ihr Ansatz beschäftigt sich mit der extensiven Tierhaltung als Lösung zur Vermeidung von Zoonosen, also der Übertragung von gefährlichen Viren vom Tier auf den Menschen. Durch extensive Tierhaltung auf 100 Millionen Hektar ungenutzten Landes in Kasachstan sei die Versorgung mit Fleisch für eine Milliarde Menschen möglich, so die Idee. Die Vision des Teams ist die Verknüpfung von deutscher Technologie mit traditionellem, nomadischen Know-how und die Schaffung eines interdisziplinären Praxisforschungsnetzwerks. Das Team freut sich über ein Preisgeld von 500 Euro. „Eine solche Idee wird einem nicht allzu häufig als Lösung angeboten“, sagte Laudator Muhle voller Respekt.

Mit Platz zwei wurde das Team „PANDAlarmRed“ ausgezeichnet. Die beiden Ideengeber*innen Maren Schubert und Stephan Steinke verfolgen damit den Ansatz eines Frühwarnsystems für Pandemien. Mit dem Einsatz von Künstlicher Intelligenz sollen neben klassischen Medien und Behördensystemen auch soziale Medien, Apps und smarte Geräte wie Fitnessuhren gescannt und die Gefahrenlage laufend bewertet werden. Bei kritischen Werten soll das System Alarm schlagen, woraufhin Maßnahmen für die Bevölkerung ergriffen und eine beschleunigte Entwicklung von Medikamenten und Impfstoffen gestartet werden können. Der zweite Platz ist mit einem Preisgeld von 1000 Euro verbunden. Laudatorin Johannsen hob den Ursprung dieser Idee an der TU Braunschweig hervor und beglückwünschte das Team.

Platz eins geht an „HealthID“, Sonderpreis für „Extensive Farming Network“

Der erste Platz des One Health-Hackathons 2021 und damit die Siegprämie von 2500 Euro gingen an das Team „HealthID“ von Jan Buss. Der Ideengeber möchte mit seinem Ansatz den Austausch von Gesundheitsdaten vereinfachen. Jeder Mensch solle entscheiden können, mit welchen Instanzen (Arzt, Krankenhaus, Pharmaunternehmen) die persönlichen Gesundheitsdaten geteilt werden sollen, seien es Diagnosen, Impfpass, Blutbilder oder MRT-Ergebnisse. Zu realisieren wäre dieses Datenmanagement für den Nutzer über eine App. „Wir dürfen gespannt sein, wie es damit weitergeht“, lobte Muhle diese Idee.

Zusätzlich zu den Podiumsplätzen wurde der Sonderpreis „Wagnispreis“ verliehen. Dieser ging nach Entscheidung der Jury ebenfalls an das Team „Extensive Farming Network“. Die Juroren trauten es dieser Gruppe am ehesten zu, ihre Idee mit Durchhaltevermögen und Kompetenz umzusetzen. Der Wagnispreis ist mit 500 Euro dotiert und als Motivation dafür gedacht, den nächsten Schritt zu wagen. „Dies ist ein lohnenswerter Ansatz, der weiterverfolgt werden soll“, so Moderator Gebbe. Im Hintergrund habe es bereits viel Austausch mit den Mentor*innen gegeben.

Die Laudator*innen zogen ebenfalls ein positives Fazit aus dem One Health-Hackathon 2021. „Hackathons haben ein großes Potenzial und sind ein Gewinn für Wissenschaft, Wirtschaft und Transfer“, sagte Johannsen. „Wir brauchen die Schwarmintelligenz eines Hackathons, um aus Corona herauszukommen“, fügte Muhle hinzu. „Aber ein Hackathon muss nachhaltig sein, damit die Ideen nicht auf der Strecke bleiben.“

Die Nachhaltigkeit des One Health-Hackathons ist jedenfalls gegeben, denn im Nachgang werden alle prämierten Ideen durch die 36 Okösystempartner (Netzwerke, Verbände, Wissenschaft, Wirtschaft) weiterbegleitet und im besten Fall zur Marktreife gebracht.

Weitere Infos auch unter challengeonehealth.com.