Wie kann es sein, dass wir schon längst per Smartphone an der Kasse bezahlen können – aber den Kassenbeleg nach wie vor ausgedruckt auf Papier bekommen? Dass das insbesondere seit Einführung der Bonpflicht nicht gerade nachhaltig ist, versteht sich von selbst. Eine Tatsache, die für Fabian Gruß die treibende Kraft zur Gründung seines Startups epap war. Mit dessen gleichnamiger App können gedruckte Belege ganz einfach durch digitale Bons ersetzt werden.

„Unsere Lösung ist eigentlich keine Raketenwissenschaft“, erzählt Fabian. Wenn das Kassensystem von Supermärkten, Cafés oder Einzelhändlern an epap angeschlossen ist, müssen die Kunden bei ihrem Einkauf lediglich mit ihrem Smartphone einen QR-Code vom Kundendisplay scannen. Verfügt der Kunde über die epap-App, wird der digitale Beleg automatisch dort hinzugefügt. Falls die App nicht vorhanden ist, öffnet sich ein PDF des Belegs, das ganz einfach auf dem Smartphone abgespeichert werden kann. Ein System, das den Nerv der Zeit trifft: Seit Herbst 2019 – also seit rund einem Jahr – ist die App aus Niedersachsen verfügbar. Seitdem sind bereits 4.000 Kassensysteme in ganz Deutschland an epap angeschlossen. 17.000 Nutzer zählt die App inzwischen, mit mehr als 170.000 erfassten Belegen. Tendenz steigend.

Ein Informatiker auf der Suche nach neuen Herausforderungen

Ein Erfolgskurs, für den sich Fabian fachlich schon früh den Weg geebnet hat: „Ich komme aus der Informatik – genau genommen aus dem Automotive-Bereich. Nach dem Abitur habe ich bei BMW ein duales Studium im Bereich Fahrzeuginformatik absolviert. Für meine Masterarbeit im Fach Human Factors Engineering bin ich dann zu VW nach Hannover gewechselt.“ Große Firmen, die für den 27-Jährigen zunächst wie ein gemachtes Nest erschienen. Hohe Gehälter, gute Aufstiegschancen, ein sicherer Arbeitsplatz. Doch schon während des gesamten Studiums trieb Fabian der Wunsch um, noch einmal etwas komplett Neues auszuprobieren. Nur was?

Eine App, die gedruckte Kassenbelege überflüssig macht: epap hat Bons digitalisiert – und punktet damit vor allem in Sachen Nachhaltigkeit. (Bild: epap)

Ende 2018, also noch lange vor der Bonpflicht, kam ihm schließlich die Idee zu seiner heutigen App. Als Informatiker war er von der digitalen Lösung sofort begeistert. Mit dem Aspekt der Nachhaltigkeit durch geringeren Papierverbrauch kam ein zusätzliches Vermarktungsinstrument hinzu. „Schon während des Studiums habe ich mit dem Thema befasst und überlegt, wie Verbrennungsmotoren umweltfreundlicher gestaltet werden können“, erklärt er. Das Konzept für seine App klang also überzeugend, doch sollte er sich wirklich vom sicheren Job im Großkonzern direkt ins gewagte Gründertum stürzen? Etwas riskant, oder? „Nicht unbedingt“, erzählt Fabian. „Ich habe sehr viel positives Feedback zu meiner Idee bekommen, was mich immer weiter vorangetrieben und in meinem Vorhaben bestätigt hat.“ Und die Rahmenbedingungen stimmten:

Niedersachsen ist laut dem gebürtigen Würzburger schließlich ein idealer Standort, um ein Startup zu gründen: „Es gibt enorm viel Rückendeckung aus der Politik, zahlreiche Förderprogramme, Stipendien sind relativ einfach zu beantragen und hier in Hannover entsteht derzeit eine rege Startup-Szene.“ Für Fabian bedeutete das ganz konkret: Seinen heutigen epap-Geschäftspartner Sebastian hat er beispielsweise bei der Startup-Beratung in der Uni kennengelernt, Jannis und Gerd beim LeanLab – einem Startup-Event in Hannover. Als sie den gemeinsamen Schritt Richtung Gründung schließlich gewagt haben, erhielten sie zudem hilfreiche Unterstützung durch das Accelerator-Programm: „Zum Beispiel durch kostenlose Räume in der Venture Villa oder Beratung in uns relativ fremden Bereichen wie der Buchhaltung. Zur finanziellen Absicherung haben wir zusätzlich das Gründungsstipendium beantragt – das hat uns die Angst davor genommen, am Hungertuch nagen zu müssen.“

Wichtig zum Gründen? Der richtige Zeitpunkt und viel Feedback!

Die größte Herausforderung war es für Fabian, den richtigen Zeitpunkt für eine Gründung zu finden. Zu viele Meinungen schürten Unsicherheit. „Einige rieten uns, möglichst schnell zu einer Kapitalgesellschaft, also zu einer GmbH, zu werden. Andererseits darf man bei einigen Stipendien noch gar nicht gegründet haben, um sie zu bekommen. Also sollte man tunlichst noch keine GmbH sein.“ Dennoch ist Fabian heute dankbar für jeden Rat und jede Meinung. „Ich kann allen Gründungsinteressierten nur ans Herz legen: Holt euch so viel Feedback wie möglich ein. Erfahrungswerte helfen ungemein weiter.“ Und auch einen weiteren Tipp hat er noch parat: „Es dauert immer alles länger, als man denkt.“ Wobei epap laut Fabian in dieser Hinsicht ein besonderer Fall ist: „Mit dem Einzelhandel haben wir uns schließlich nicht die modernste und flexibelste Branche ausgesucht. Da ist Durchhaltevermögen angesagt“, scherzt er.

Durchhaltevermögen, das er und sein neunköpfiges Team inzwischen bewiesen haben. Denn epap ist auf Wachstumskurs – und der beste Newcomer der Startup-Szene Niedersachsens. Das bestätigte nun auch die Jury des DurchSTARTer-Preises, die epap auf Platz 1 wählte. „Das fühlt sich mega an und ist eine super Bestätigung für uns“, freut sich Fabian. Allein des Preisgeldes von 5.000 Euro wegen habe er sich jedoch nicht für die Auszeichnung beworben. „Für uns ist der DurchSTARTer-Preis vielmehr eine Möglichkeit, epap der breiten Masse näherzubringen und noch bekannter zu werden.“

Ein Startup auf Wachstumskurs

Und genau das ist das Ziel für die nahe Zukunft. „Wir wollen weiter wachsen“, erklärt Fabian. Und dazu braucht es vor allem Akzeptanz. Die Einzelhändler und Kunden müssen die Vorteile von epap erkennen. Dazu möchte das Team sein Produkt nach und nach verbessern und weiterentwickeln. „Für Händler möchten wir zum Beispiel noch smarter werden und die Möglichkeit schaffen, die richtigen Rabattcoupons zur richtigen Zeit über die App auszuspielen.“ Und auch die Integration einer Bankingfunktion ist in Planung.

„Wer uns auf unserem Weg verfolgen möchte, ist jederzeit herzlich eingeladen, Fragen zu stellen. Oder schaut einfach mal einen Tag bei uns rein, um zu sehen, wie es in einem Startup und bei einer Gründung so abläuft. Im Gegenzug ist das Teilen und Weiterverbreiten unserer Aktivitäten natürlich immer erwünscht“, sagt Fabian – ganz Marketingprofi – mit einem Schmunzeln.

 

(Bilder Header: epap)